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SAEVAR KARL
PAINTINGS

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Ich male nur, wenn ich glücklich bin. Ich muss glücklich sein, um zu malen. Zum Glück habe ich häufig Grund zum Malen.
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Natürlich lasse ich mich sowohl von Kollegen wie von den Klassikern inspirieren. Die wahre Inspiration kommt aber vom täglichem leben.

zur Malerei von Saevar Karl

Saevar Karl scheint über geheime Energiereserven zu verfügen. Nach sehr erfolgreichen Geschäften in der Modebranche findet er in einem Alter, in dem andere ihr Leben rekapitulieren, zur Malerei und legt in seiner künstlerischen Produktion ein Tempo vor, das erstaunt. Zwanzig, auch dreissig Arbeiten am Tag sind keine Seltenheit. Dieser bemerkenswerte innere Antrieb ist weniger der Tatsache geschuldet, dass Saevar Karl u .a. nach Modell malt und ein häufiger Wechsel der Stellungen ein zügiges und konzentriertes Arbeiten erfordert, er entspringt vielmehr einem ungehemmten Fluss des Tuns: dieser Maler hat die Gabe sich seinen Einfällen bedingungslos hinzugeben und, wenn die Ideen eine falsche Richtung nehmen, sich von Fehlschlägen nicht aufhalten zu lassen. Saevar Karls quasi serielle Arbeitsweise setzt vor allem Unerschrockenheit voraus: In den mit breitem Pinsel hingesetzten, nassen Farbgrund schneidet - wie eine Schere - eine zupackende Zeichnung, spürt den plastischen Formen und der Haltung des Modells nach, als gälte es in knappsten Worten auszudrücken, was bei näherer Betrachtung - nähme man Natur wörtlich - durchaus noch genauer auszuformulieren wäre. 

Die Figur als kraftvolles schablonenhaftes Zeichen: das erinnert an die Brücke-Maler, vielleicht auch an figürliche Darstellungen aus der Romanik. Ein derart rigoroser Blick auf die Natur tut ihr Gewalt an. Dass Saevar Karl eine ungestüme Arbeitsweise als die ihm entsprechende erkannt hat und anwendet, ist Resultat eines intensiven Ringens um die Eigenheit seines Ausdrucks und Zeichen seiner Aufrichtigkeit und Originalität. Aber ist sein Thema - Akt - ebenso originell? Den weiblichen Akt könnte man fast als den Nabel der zahlreichen Problemkreise der modernen Kunst bezeichnen. Bei Tizian oder Rubens noch glaubwürdiger Ausdruck eines Daseins in Schönheit und Vollkommenheit, muss der weibliche Akt im 19. Jahrhundert zum Salonstück verkommen. Manet hat ihn virtuos entmythologisiert, Courbet ungeschönt Männerblicken preisgegeben, Degas endgültig zur Privatsache erklärt. Später greifen Maler wie Picasso oder Beckmann zu magischen Zerrspiegeln um das Thema zu beleben. Oder es kehrt der Mythos in Gestalt eines nationalen Schönheitskultes wieder (Jones, Wesselmann), ja der Akt wird zur allgemeinen PflichtÃübung, zur Gewohnheit. Das Thema scheint verbraucht heute und ist doch zu naheliegend, als dass man es mit einem Handstreich aus dem Repertoire löschen könnte oder wollte. Was zwingt uns mehr, Über Schönheit nachzudenken? Über die der Natur. Und vor allem die der Kunst. 

Saevar Karl tut das. Und er denkt, indem er malt. Er greift dabei zu groben, bisweilen rüden Mitteln, wenn er seine gestischen Einfallskräfte bündelt, wenn er, statt zu konturieren, Volumen transparent macht, die Figur zu kürzelhaften Schlaufen verknotet, wenn er Werkstoffe kombiniert, die sich nicht zu einer homogenen Faktur verbinden und den alten Zwist von Malerei und Zeichnung austragen. Farbschlieren, Strichbündel prallen aufeinander, verletzen, ergänzen, bedingen einander, bilden eine offene Verklammerung der Kräfte. Karl Saevars Linien sind, wenn das krasse Bild erlaubt ist, Eisen im Beton der Farbe, geben ihr Halt, machen, dass sie schwebt. 

Vielleicht zielt - a la long gesehen - Saevar Karls malerische Suche auf eine Versönung von Malerei und Zeichnung ab, seine aktuelle Arbeit ist in ihrer spröden, lapidaren Bildaussage gültig und steht überzeugend für ein lustvolles Greifen nach der Wirklichkeit, nach dem Leben.


Stefan Zeiler, Mai 2020
Stefan Zeiler ist Maler, Autor und Filmemacher und lebt in München.
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